Kerzen im Advent: Gemütlichkeit mit gefährlichen Schadstoffen und erhöhten Infektionsrisiken

Kerzen im Advent: Gemütlichkeit mit gefährlichen Schadstoffen und erhöhten Infektionsrisiken

Die Adventszeit ist Kerzenzeit. Wie kaum ein anderes Dekoelement sorgen Kerzen in der dunklen Jahreszeit für stimmungsvolles Licht und gehören zur weihnachtlichen Atmosphäre einfach dazu. Die erzeugte Gemütlichkeit hat allerdings ihren Preis, denn die brennende Kerze oder vielmehr das verbrennende Wachs setzt gesundheitsschädliche Schadstoffe und vor allem Feinstaub frei. Das verschlechtert die Luftqualität in Innenräumen teilweise erheblich und summiert sich, wenn Adventskranz, Weihnachtspyramide und dekorative Teelichte in geschlossenen Räumen gleichzeitig für Weihnachtsstimmung sorgen sollen. Mit einer Hochrechnung wollen wir verdeutlichen, wie schwerwiegend sich die Qualität der Raumluft im Advent verändert, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird.
Kerzen setzen Schadstoffe frei

Kerzen setzen Schadstoffe frei

Kerzen verbrauchen während des Abbrennens nicht nur wertvollen Sauerstoff, sondern verunreinigen die Raumluft auch mit Schadstoffen. Handelsübliche Kerzen bestehen meist aus Paraffin, Stearin oder aus Bienenwachs. Beim Verbrennen geben insbesondere die auf Öl basierenden Stoffe Paraffin (aus Erdöl) und Stearin (aus Palmöl oder tierischen Fetten) schädliche Stoffe in die Luft ab. Dazu zählen unter anderem Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid, Feinstaub und Ruß und damit verschiedene Schadstoffe, die krank machen können, wenn man sie über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig einatmet.
Mit jeder brennenden Kerze steigt die Stickstoff-Konzentration

Mit jeder brennenden Kerze steigt die Stickstoff-Konzentration

Die Adventszeit ist die Hochsaison für den Gebrauch von Kerzen. Traditionell wird an jedem Adventssonntag eine weitere Kerze auf dem Adventskranz angezündet. Spätestens am vierten Advent brennen im Wohnzimmer mindestens vier Kerzen. Häufig aber noch mehr, denn auch andere Weihnachtsdekorationen enthalten Kerzen. So zum Beispiel die traditionelle Weihnachtspyramide, die, je nach Größe, für den Antrieb vier, acht oder noch mehr Kerzen benötigt. Viele legen auch beim Weihnachtsbaum viel Wert auf echte Kerzen statt Lichterketten. Wie viele Kerzen den Baum beleuchten, ist individuell unterschiedlich. Fakt ist, bei so vielen Kerzen wird es im geschlossenen Wohnzimmer nicht nur warm, sondern auch der Stickoxid-Wert steigt.
Die Luftqualität während eines Nachmittags im Advent: Eine Hochrechnung

Die Luftqualität während eines Nachmittags im Advent: Eine Hochrechnung

Eine Studie aus dem Jahr 2005, bei denen Forscher aus Hong Kong den Stickoxid-Ausstoß von Kerzen untersuchten, ergab, dass ein handelsübliches Exemplar aus Paraffin mit dem Verbrennungsvorgang und innerhalb von acht Stunden eine Stickoxid-Konzentration von 280 Mikrogramm (mg) erzeugt. Wenn nun alle vier Kerzen auf dem Adventskranz einen ganzen Nachmittag mit vier Stunden in einem geschlossenen Raum brennen, erzeugen diese eine Stickoxid-Menge von 560 mg. Mit jeder weiteren Kerze und jeder weiteren Stunde erhöht sich der Wert und damit die Konzentration. Acht Kerzen in der Weihnachtspyramide schlagen im Laufe von vier Stunden dann mit weiteren 1.120 mg zu Buche. So kommt man schnell auf einen Wert von 1.680 mg. Bei einem Wohnzimmer mit einer Größe von 20 Quadratmetern mit einer Deckenhöhe von etwa 3 Metern (60 m3) macht das eine Konzentration von 28 mg/m3. Der erlaubte EU-Grenzwert für Stickoxide liegt übrigens bei 40 mg/m3.
Kerzen und Kamine belasten die Atemluft mit jeder Menge Feinstaub und steigern das Infektionsrisiko

Kerzen und Kamine belasten die Atemluft mit jeder Menge Feinstaub und steigern das Infektionsrisiko

Neben dem Stickoxid-Problem tragen brennende Kerzen auch zu einer erhöhten Feinstaubbelastung im Haus oder in der Wohnung bei. Eine brennende Flamme stößt bei regulärem Gebrauch bis zu 800.000 kleinste Partikel (PM0.1) aus. Diese gelangen beim Atmen tief in die Lunge und bleiben dort. Noch heftiger wird der Ausstoß, wenn die Flamme in der Zugluft steht, dabei flackert und stark rußt. Dann kann eine Kerze die bis zu 30-fache Menge an Partikeln in die Luft abgeben. Das wären bei nur einer stark rußenden Kerze insgesamt 24 Millionen Partikel und am vierten Advent dann sogar 96 Millionen Partikel, die die gute Stube in einen gesundheitsschädlichen Feinstaub-Hotspot verwandeln.
Ein weiterer großer Schadstoffproduzent im Wohnzimmer sind offene Kamine und Kaminöfen. Sie emittieren noch einmal deutlich mehr Ruß und Feinstaub als Kerzen. Für Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen ist dies besonders gefährlich, aber auch gesunde Menschen können Schaden nehmen, wenn sie sich dieser Belastung regelmäßig oder dauerhaft aussetzen.
Feinstaub hat noch weitere Auswirkungen. So gehen Wissenschaftler davon aus, dass ein hoher Feinstaubanteil in der Raumluft die Übertragung von Mikroorganismen wie Viren und Bakterien begünstigt. Sie nutzen die Feinstaubpartikel als Vehikel, um sich durch die Luft zu bewegen. Gerade mit Blick auf die gesellige Adventszeit und das Coronavirus können mit Feinstaub belastete Orte, wie das gemütliche und mit allerlei Kerzen dekorierte Wohnzimmer, zu einem Ort mit hohem Ansteckungsrisiko werden.

Tipps für eine gemütliche Adventszeit mit guter Luft zum Atmen

Tipps für eine gemütliche Adventszeit mit guter Luft zum Atmen
Die Hochrechnung zeigt, wie schnell man in die Nähe der Grenzwerte von Schadstoffen gelangt, wenn man nur einen gemütlichen Nachmittag in der Adventszeit im Sinn hatte. Dazu muss gesagt werden, dass die genannten Konzentrationen sich nur ergeben, wenn das Zimmer geschlossen bleibt und nicht zwischendurch gelüftet wird. Und so offenbart sich auch bereits der erste Tipp, wie man die Adventszeit in Innenräumen durchaus mit brennenden Kerzen dekoriert verbringen kann.

Regelmäßig lüften

Kerzen lassen nicht nur die Schadstoffbelastung steigen, sondern verbrauchen auch jede Menge Sauerstoff. Regelmäßiges Stoßlüften dient nicht nur die Luftwechselrate zu steigern, sondern versorgt uns auch wieder mit frischem Sauerstoff, den wir zum Atmen brauchen.

Bienenwachskerzen nutzen

Bienenwachs erzeugt beim Abbrennen deutlich weniger Schadstoffe als Wachs aus Paraffin oder Stearin. Das Bienenwachs stammt aus den Waben der Honigbienen und eignet sich für Kerzen ganz hervorragend. Bienenwachskerzen sind teurer als Paraffinkerzen und vor allem deshalb nicht so weit verbreitet. Der Kauf von Bienenwachskerzen lohnt sich aber, denn sie brennen länger und sind weniger gesundheitsschädlich.

Lichterkette statt Kerze

Nicht nur der Luftqualität zuliebe sollte man die echten Kerzen am Weihnachtsbaum gegen elektrische Kerzen ersetzen. Die elektrischen Alternativen tragen auch dazu bei, den Brandschutz zu sichern. Bei echten Kerzen am Baum reicht sonst schon eine kleine Unaufmerksamkeit und das Wohnzimmer steht in Flammen.

Zugluft vermeiden

Wenn eine Kerze in der Zugluft steht, tanzt die Flamme zwar besonders schön, aber das hat ihren Preis. Eine unruhige Kerzenflamme rußt besonders stark und gibt dadurch deutlich mehr Feinstaubpartikel ab als unter windstillen Bedingungen.

Docht kürzen

Ein langer Docht kann ebenfalls dazu führen, dass eine Kerze besonders viel rußt. Daher sollte der Docht vor jedem Anzünden so weit wie möglich gekürzt werden.

Auf Duftstoffe verzichten

Duftkerzen und Räuchermännchen sind zur Adventszeit besonders beliebt. Sie hüllen den Wohnraum aber nicht nur in winterliche Gerüche wie Zimt, Vanille, Tanne und Weihrauch, sondern tragen auch zur Feinstaub- und Schadstoffbelastung der Luft in Innenräumen bei. Im Sinne der Luftqualität ist von Duftkerzen und Räuchermännchen klar abzuraten. Alternative Duftquellen ohne Schadstoff sind eine mit Nelken gespickte Apfelsine oder aufgehängte Zimtstangen oder getrocknete Kräuter.

Luft reinigen

Wie wir gelernt haben, produziert das Abbrennen von Kerzen eine große Menge an Feinstaub. Dieser lässt sich mit einem professionellen Luftreiniger mit entsprechenden HEPA-Filtern*** und einer hohen Luftwechselrate aus der Luft entfernen.

Kerzen gehören zur Adventszeit dazu, aber nicht um jeden Preis

Ganz ohne Kerzen geht es zur Weihnachtszeit wahrscheinlich nicht. Wichtig ist jedoch, dass Verbraucher über die Gefahrenquellen und Schadstoffbelastungen, die auf den Gebrauch von Kerzen zurückzuführen sind, aufgeklärt werden. Insbesondere Kerzen aus Billigproduktion tragen massiv zur Verschlechterung der Luftqualität bei. Eine wirkliche, akute Gefahr für Leib und Leben besteht während eines Adventsnachmittags bei Kerzenschein nicht. Die erwähnten Tipps für eine gemütliche Adventszeit mit guter Luft zum Atmen können aber dazu beitragen, die Lebensqualität zu erhöhen.

Quellen: Andersen, Omelekhina, Rasmussen, Bennekov, Skov, Køcks, Wang, Strandberg, Mattsson, Bilde, Glasius, Pagels, Wierzbicka: “Emissions of soot, PAHs, ultrafine particles, NOx, and other health relevant compounds from stressed burning of candles in indoor air” in Indoor Air, Volume 31, Issue 6, 2.033-2.048. CC BY 4.0, Farhangrazi, Sancini, Hunter, Moghimi: “Airborne Particulate Matter and SARS-CoV-2 Partnership: Virus Hitchhiking, Stabilization and Immune Cell Targeting - A Hypothesis” in Frontiers in Immunology, 2020. Correctiv, Lunge Zürich, SWR Marktcheck

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